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Reise im Jahre 1910 jetzt als PDF
Die wunderschöne Reisebeschreibung rund um Bad Boll und die Wutachschlucht aus dem Jahre 1910 wurde von I. A. R. Wylie geschrieben . Es ist ein kleiner Teil des Buches "Rambles in the Black Forest" und die schönste und älteste Erzählung über einen Bad Boll Besuch , die ich bisher gefunden .
Ich war so begeistert von der Geschichte und der schöne Sprache, dass ich sie sofort in deutsch übersetzt musste. Soviel ich weiß gibt es keine offizielle deutsche Version.
Ida Alexa Ross Wylie wurde am 16.März.1885 in Melbourne Australien geboren und war zur Zeit ihrer Reise im Jahre 1910 gerade 25 Jahre alt . Ab 1917 lebte sie in den USA und war über 30 Jahre lang eine sehr bekannte Schriftstellerin . Mehrere ihrer Bücher wurden in Hollywood ua. mit Katharine Hepburn verfilmt ... mehr siehe Rubrik Wylie1910f
Auf Nachfrage einer Leserin - Neu jetzt zum Nachlesen an einem Stück als pdf:
Rambles-in-the-Black-Forest-deutsch.pdf
2015-Feb-15 19:00
Bonndorf 1910 - vor hundert Jahren
Einen Tag vor Weihnachten hat es hier in Bonndorf +10°C , es stürmt von Süden und regnet - gerade richtig um im Haus zu bleiben und was auf
ObeAbe zu schreiben.
Hier ein kleiner Schatz, eine Klapp-Postkarte von Bonndorf die laut Poststempel 1910 gelaufen ist, das heisst das Bild ist von Bonndorf von 1910 oder früher, mein ältestes Bonndorf-Foto bisher.
So also sah Bonndorf aus, als die junge Schriftstellerin
I. A. R. Wylie in Bonndorf und Bad-Boll zu Gast war. Ihr ausführlicher Bericht aus dieser Zeit kann man in folgender ObeAbe-Rubrik nachlesen: (siehe alten Beitrag)
Manche Gebäude sehen heute noch so aus wie vor über 100 Jahren zum Beispiel die Kirche, das Krankenhaus, das Rathaus, das alte Polizeigebäude ...
Wenn man auf das erste Bild klickt ( und dann gleich nochmal ) kann man die Postkarte in voller Auflösung anschauen, wer mag kann sich das Bild speichern und sich in einem anderen Programm alle Details ganz genau anschauen.
2012-Dez-23 15:34
Reise im Jahre 1910 (8) - Nachwort
Die wunderschöne Reisebeschreibung rund um Bad Boll und die Wutachschlucht aus dem Jahre 1910 wurde von I. A. R. Wylie geschrieben . Es ist ein kleiner Teil des Buches "Rambles in the Black Forest" und die schönste und älteste Erzählung über einen Bad Boll Besuch , die ich bisher gefunden .
Ich war so begeistert von der Geschichte und der schöne Sprache, dass ich sie sofort in deutsch übersetzt musste. Soviel ich weiß gibt es keine offizielle deutsche Version.
Ida Alexa Ross Wylie wurde am 16.März.1885 in Melbourne Australien geboren und war zur Zeit ihrer Reise im Jahre 1910 gerade 25 Jahre alt . Ab 1917 lebte sie in den USA und war über 30 Jahre lang eine sehr bekannte Schriftstellerin . Mehrere ihrer Bücher wurden in Hollywood ua. mit Katharine Hepburn verfilmt .
Wie es zu dem Fund kam :
Über die amerikanische google-Seite kommt man auf google - Books . Dort habe ich nach Bad Boll und Wutachschlucht gesucht . Wenn man über "advanced book search" die Ergebnisse auf "full text" only auswählt findet man viele Bücher , bei denen inzwischen das Copyright in den USA abgelaufen ist , und die man komplett als Text runterladen kann .
Zuerst habe ich diese Texte so durchgelesen , aber dann musste ich das Originalbuch unbedingt haben. Viel Geld wollte ich allerdings auch nicht ausgeben , da bin ich auf folgende Seite gestossen :
www.ZVAB.com
Eine tolle Seite dh. eine Vereinigung der Bücher-Archivare . Dort habe ich ein Suchassistenten eingerichtet und innerhalb kurzer Zeit hatte ich das Original "Rambles in the Black Forest" . Inzwischen bin ich ein kleiner Wylie-Fan und habe über dieselbe Quelle ihre Biographie "My Life with George" dort für 8$ ( 14€ mit Versand) als Originalausgabe von 1940 direkt aus den USA bekommen . Aus dem Buch stammen auch die Bilder, von Fräulein Wylie habe ich bisher sonst noch keine Bilder im Internet entdecken können.
In späteren Beiträgen möchte ich noch über einige andere dh. ältere Bücherfunde von Bad Boll und der Wutachschlucht berichten .
2010-Dez-11 16:14
Reise im Jahre 1910 (7) Abschied von Bad Boll
TEIL7 Von Bad Boll über Kappel nach Lenzkirch und zurück - Abschied von Bad Boll
Wir, für unseren Teil , wandten unsere Aufmerksamkeit nun nach Westen und nachdem wir 2 Tage lang bei schlechtem Wetter gewartet hatten, starteten wir an einem schönen Morgen den Weg entlang zur Schattenmühle. Die Tour, die wir geplant hatten, war so berechnet, dass sie 5 Stunden dauerndes Gehen erforderte, so , gewarnt durch frühere Erfahrungen, nahmen wir Erfrischungen mit uns, um unabhängig von zweifelhaften Wirtshäusern zu sein.
Wir hatten bereits das Gelände bis zur Schattenmühle durchschritten und überquerten dort die Brücke und nach zweieinhalb Stunden Wandern erreichten wir die Ruinen, die die einheimischen das Räuberschlössle nennen, welches beim Nägelefelsen liegt und von dem aus man einen wunderschönen Blick ins darunterliegende Tal hat . An diesem Punkt wurden unsere Esswaren lästig und wir hatten die Idee zu einer halbstündigen Pause, was sofort in die Tat umgesetzt wurde.
Nur ein allgemeines Misstrauen gegenüber unserem Reiseführer schreckte uns aus unseren schönen Träumen zwischen den Ruinen auf, wir hatten uns darüber informiert, dass der Rest unseres Weges nur 2 Stunden erforderte, wir hatten unsere Bedenken.
Jedoch, getreu unseres Wanderführers, nach 2 Stunden, erreichten wir die "Schwändiholzdobelbrücke", welche allein schon wegen ihres Zungenbrecher-Namens berühmt sein sollte, und hatten dort das Vergnügen die Wutach unter ihrem neuen Namen Gutach kennenzulernen.
Der Fluss Haslach strömt von links hinzu, aber wir gingen dem Ufer unseres neu getauften Freundes entlang, bis wir eine halbe Stunden später die Eisenbahnbrücke erreichten, die größte Steinbrücke Deutschlands, und zum rechten Ufer über wechselnd erreichten wir unser Ziel Kappel.
Kappel stellte sich als kleines Dorf heraus, das den Müden und Hungrigen wenig zu bieten hat, so dass, erfreut über den schönen Blick hinüber zu den Höhen des Feldbergs , wir uns zu einer letzten Anstrengung entschieden.
Eine halbe Stunde später, der staubigen Landstraße entlang, kamen wir nach Lenzkirch, und dort wurde in der Tat unser Mut belohnt, weil dieser angenehme kleine Sommerurlaubsort friedlichen Wohlstand ausstrahlt, welches sehr erholsam ist, und was zusammen mit dem guten Essen im Gasthaus Adler, uns zurück in einen Zustand lieblicher Zufriedenheit brachte.
Nicht dass wir die gelbe Postkutsche verachteten, die uns nach Bonndorf zurück brachte, aber unsere Energie war sehr gedämpft, und wir trennten uns von Lenzkirch, fürchte ich, aus einer gewissen Abneigung uns zu bewegen.
Doch zweieinhalb Stunden in einer wackligen Schwarzwaldkutsche genügt, um selbst den Faulsten zufrieden zu stellen, und war Bonndorf erst einmal erreicht, waren wir völlig zufrieden, unsere verkrampften Glieder in einem kurzen Spaziergang strecken zu können und zurück nach Bad Boll hinunter zu steigen.
Wir sahen auf unser sauberes, bequemes und bescheidenes kleines Gasthaus , als ob es unser Zuhause wäre, und es war mit wirklichem Bedauern, dass wir uns daran erinnerten, dass für den nächsten Tag unsere Abreise, auf zu neuen Taten, geplant war.
In Dankbarkeit für die aller schönsten Wochen, die wir im Schwarzwald verbracht hatten, finde ich es nur recht dieses kleine Haus zu empfehlen, dem Wanderer zu raten diesen kleinen unbekannten Fleck zu suchen , wenn er Ruhe , wunderschöne Spaziergänge und eine belebende Luft mag. Und falls er Sportsmann ist, umso besser, weil Angeln im Überfluss möglich ist, und sogar der Jäger im umgebenden Wald genug Möglichkeiten findet.
Viele Wochen können in Bad Boll verbracht werden, ohne Langeweile, wenn für die regnerischen Tage die Bibliothek gut gerüstet ist, aber unsere Pläne verboten es uns diesen Versuch zu machen, am gleichen Abend unseres Ausfluges nach Lenzkirch sagten wir unseren verschiedenen Freunden Lebewohl . Nur unser Angelfreund schaute mitleidig auf uns, war er doch für zwei Monate da, unsere englische Bekanntschaft drehte uns den Rücken zu, ich glaube er sah unsere Abreise als persönliche Beleidigung an.
Selten hatten wir den Sonnenschein mehr gepriesen als am folgenden Morgen, um acht Uhr, als unser Gastgeber uns sagte, dass die Kutsche wartete . Denn wir hatten uns zu einer besonders langen Fahrt zu unserem nächsten Reiseziel entschieden, und das ganze Vergnügen lag deshalb in den Händen des Wettergottes .Zum Glück war er in Urlaubsstimmung und wir nahmen in freudiger Erwartung die Plätze in unserer komfortablen Kutsche ein, und nahmen Abschied von Bad Boll .
Der ganze Haushalt kam heraus, um uns zu verabschieden, und wir fühlten uns geschmeichelt und redeten uns ein, dass es nicht nur der Gedanke an mögliche Trinkgelder sei, dass dieses Interesse hervorrief , aber der Händedruck unserer Gastgeber war von wirklich aufrichtiger Herzlichkeit.
Jedenfalls, vergeblich wie solche Geschenke zu solchen Anlässen leider sind, schätzten wir den Strauß von Wildblumen, den wir im letzten Moment von einem kleinen Familienmitglied bekommen hatten, bis sein verwelkter Zustand uns zwang, ihn dem Straßenrand zu übergeben, eine dunkle Tat der Undankbarkeit, welches wie wir stark hofften, dem Auge des Kutschers entging .
Ab hier verlassen wir die Reisebeschreibung von I.A.R. Wylie aus dem Jahre 1910 , nach Bad Boll ging es nach St.Blasien, das wollte ich nicht mehr in Deutsche übersetzen - mehr über den Fund und über Fräulein Wylie im nächsten Beitrag .
2010-Dez-09 19:33
Reise im Jahre 1910 (6) - von Ewattingen bis Bad Boll
TEIL6 Von Ewattingen über Bonndorf zurück nach Bad Boll
Nun ist meine deutsche Freundin von optimistischer Natur, und trotz wiederholter Enttäuschungen, glaubt sie immer noch an ihre Mitgeschöpfe und ihre Viertelstunden.
Körperlich ermüdet und heimgesucht von einem vagen Misstrauen, folgte ich ihr den steilen Hügel hinauf, durch die Mittagssonne, die Minuten zählend, welche dreißig an der Zahl wurden, bevor ein Kirchturm zu sehen war, der uns sagte, dass Ewattingen in Sicht war. "Nun siehst du " sagte meine Freundin "unsere Probleme sind zu Ende! "
Sie irrte sich . Die Wirtin des kleinen Gasthauses, wo wir uns informierten, schüttelte mit verrückter Heiterkeit ihren Kopf. "Ach ja" sagte sie "Kutschen gibt es genug, aber da gibt es keine einziges Pferd im Dorf . Wissen sie, die sind alle auf den Feldern, woher kommen sie ? "
Wir erzählten es ihr und sie schaute uns mit halb mitleidiger Verwunderung an. Es schien, dass die gute Seele nie außerhalb ihres Heimatdorfes war und es ist sicher, dass sie dachte wir wären ein wenig verrückt. Wahrscheinlich war es deshalb Mitleid mit unserem offensichtlich schwachen geistigen Zustand, das sie dazu brachte im ganzen Dorf nachzufragen.
Sie kam mit ihrem welken, zerfurchten Gesicht voller Begeisterung zurück. "Ein Ochsenwagen geht auf die Felder nach Münchingen" sagte sie "wenn sie möchten wird er sie auf den Weg mitnehmen"
"Wie weit ist es von Münchingen nach Bonndorf?" erkundigte ich mich . Sie lächelte ein vages süßes Lächeln " Eine knappe halbe Stunde nicht mehr " Wir folgten ihr auf die Straße, wo eine Menge kleiner barfüßiger Racker schon gespannt auf unsere Abreise wartete. Der Ochsenwagen, ein Leiterwagen, wie er auch genannt wird, war auch da, bestückt nicht mit Ochsen, sondern mit Kühen, welche verträumt erschienen waren, und zur allgemeinen Belustigung beitrugen.
Nun, ein Schwarzwälder Leiterwagen ist ein Fahrzeug besonderer Bauart. Nehmen sie zwei lange Leitern, die Sprossen gut auseinander, befestigen sie diese schräg an beiden Enden mit einem Brett, so das sie eine Art Barrikade bilden, verbinden sie 4 Räder an diese Konstruktion und ihr Wagen ist komplett. Diese Leiterwagen werden benutzt, um Heu von den Feldern zu transportieren und sind nicht für den Gebrauch durch müde Reisende gedacht, wie wir bald feststellen mussten.
In freundlicher Fürsorge breitete unsere Wirtin Zeitungen auf den Boden des Wagens aus und instruierte uns, wie wir sitzen und die Füße durch die Sprossen baumeln lassen sollen.
Ich kann nicht dem Tölpel, der uns gefahren hat, die Schuld geben, für das halb erstickte Gelächter, von dem ich sicher bin, dass es aus seiner Richtung kam, weil wir sicherlich ein starkes Bild abgegeben haben müssen, wie wir mit 3 Kilometern pro Stunde aus dem Dorf hinaus gerüttelt sind.
Meine deutsche Freundin beschönigte die Lage, aber meine gute Laune hatte mich ganz verlassen. Ich fühlte mich verletzt und das verstärkte sich noch durch ihre gute Laune, so dass ich mit boshafter Genugtuung feststellte, wie ich eine viertel Stunde später hörte wie unser Wagenlenker , in einem der strengsten Dialekte, ihr mitteilte, dass sich unsere Wege von nun an trennen würden und wir zu Fuß gehen müssten. "Und wie weit ist Bonndorf?" fragte meine Freundin fröhlich, als sie ihm dankbar ein Silberstück in seine schwielige Hand drückte. Es war klar, dass sie glaubte Bonndorf wäre gerade um die Ecke.
Unser Freund kratzte sich nachdenklich am Kopf "vielleicht drei Stunden" sagte er " es geht immer geradeaus, sie können den Weg nicht verfehlen. "
"Ein bisschen über 3 Stunden" als er seine Aufmerksamkeit wieder seinem Team zuwendete.
Der Rest ist Stille, wir erreichten Bad Boll 3 Stunden später, nachdem wir auf der heißen, staubigen Landstraße von einer wackligen, aber höchst willkommenen Kutsche gerettet wurden, welche in seiner weit entfernten Jugend mal der Besitz eines Gentleman war, und nun zum "Mädchen für alles" , dem Dorffahrzeug hinab gesunken war. Unser gut gelaunter Lohengrin brachte uns bis Bonndorf, von da stapften wir bis Boll, dankbar, aber geläutert im Geist und unsagbar hungrig.
Nur nach einem guten Abendessen waren wir wieder in der Lage unseren Kampf wieder aufzunehmen und es war Glück für unseren Angler-Freund , dass er erst danach wieder auftauchte, sonst wäre unsere Freundschaft wohl schnell zu Ende gewesen. So endete unsere Wanderung flussabwärts.
Die Wutach führt ihren wechselhaften Weg weiter, vorbei an den Ruinen Schloß Blumegg, einst der Sitz des mächtigen Geschlechts zu Grimmelshofen.
Von Grimmeslhofen an verliert das Tal seinen interessanten Charakter und der Reisende kann, ohne Angst haben zu müssen eine landschaftliche Schönheit zu verpassen, die Eisenbahn nehmen, welche eine vergleichsweise neue Konstruktion ist, und die mit ihrem Kehrtunnel eine der interessantesten Ingenieurbauten im Schwarzwald darstellt .
Ein wunderschöner Bericht über eine Reise im Jahre 1910, von der damals 25 Jahre alten australischen Schriftstellerin I. A. R. Wylie - "Rambles in the Black Forest" - von mir aus dem englischen übersetzt . Der letzte Teil demnächst hier.
Es ist durchaus möglich, dass einer meiner Opas mit bei diesen barfüssigen Racker in Ewattingen war :)
2010-Dez-06 18:22
Reise im Jahre 1910 (5) von Tannegg zur Wutachmühle
TEIL5 Von Tannegg zur Wutachmühle nach Ewattingen
Die bedrohlichen Wolken vom Nachmittag waren verschwunden und von der Abendsonne gelockt wagten wir uns einen Pfad entlang welcher, nachdem der Wanderer die Boll Ruine passiert hat , abrupt nach links geht, und ihn über einen halb ausgetrockneten Wasserfall zur Burg Tannegg bringt. Auch hier pflegt die Geschichte eine Stille, die, wie wir hofften, für den Burgbesitzer spricht, welcher scheinbar oft gewechselt hat, bis zuletzt das Kloster St.Blasien, immer auf der Hut nach solchen Schnäppchen, sich auf das herrenlose Eigentum stürzte und es sich zu eigen machte.
Von der Ruine führte ein Pfad hinunter ins Wutachtal, das sich etwas ausbreitet und dort ein Aussehen von fast idyllischem Frieden angenommen hat. Aber das Aussehen ist sehr trügerisch, wie wir am nächsten Tag feststellen mussten. Für eine viertel Stunde, nachdem wir Bad Boll verlassen hatten, bot der Pfad keine Schwierigkeiten. Aber jenseits des Punktes, welchen wir auf unserem Rückweg von Burg Tannegg erreichten, schloss das Tal sich plötzlich.
Zur rechten Hand ein schroffer Turm, ein gezackter Felsabgrund, gegen dessen Grund die Wutach in ungeduldiger Wildheit prallte. Bis vor kurzer Zeit war dieser Teil der Wutach gesperrt für normale Wanderer und nur Angler, die Gelegenheit von Niedrigwasser nutzend, wagten es gelegentlich, durch die Biegung zu waten und die Einsamkeit dahinter zu erforschen.
Dann kam der unermüdliche Schwarzwaldverein und baute kostspielig und mühsam den Neumann-Weg, ein enger Pfad in das Gesicht des Abgrundes gehauen, gesichert von einem schmalen hölzernen Geländer. Der Ort, obwohl im Tageslicht absolut sicher, hat schon seine Opfer gefordert.
Der erste Sturz, ein junger Bauer, wird seinem zu fröhlichen Zustand zugeschrieben, der zweite Unfall, und der Tod eines jungen Engländers, der auf einem Felsen unterhalb des Abgrundes gefunden wurde, wurde wage mit Raub, Mord und anderem Horror in Verbindung gebracht .
Der Fleck ist sicher einsam und wild genug um solche Fantasien zu fördern, obwohl ich gestehen muss, dass wir keine besonders aufregende Abenteuer erlebt haben.
Zuerst eine grob gehauene Felstreppe hinaufsteigend, erreicht der Pfad fast den Gipfel des Abgrundes, dann windet er sich um den Felsen, steigt hinab in eine schattige Lichtung, und führt über eine eiserne Brücke auf die andere Seite des Flusses.
Bevor wir unser Ziel erreichten, die Wutachmühle, überquerten wir den Fluss dreimal , das dritte Mal machten wir eine Pause, um die Wutach zu betrachten, welche an diesem Punkt, in der Tat, in einem Hohlraum im Felsen verschwindet, hätten wir diese Phänomen nicht gekannt, wären wir vermutlich daran vorbei gegangen, der Hohlraum ist so tief, dass das schnell fliessende Wasser das Dach berührt, und nur ein scharfes Auge seine Existenz erkennen kann .
Weiter voran passierten wir die Abzweigung, welche weg von der Wutach zum Dorf Bachheim führt, aber die Abenteuerlust und die wachsende Einsamkeit lockte uns. Eine weitere Brücke brachte uns auf die rechte Seite, wo der Pfad in den Fuß der Klippe geschnitten war, so dass mit dem auftürmenden Felsen auf der einen Seite und dem Fluss auf der anderen Seite, wir nur noch einzeln hintereinander voran kamen . Ein paar Schritte weiter tauchte die Wutach wieder von ihrer langen unterirdischen Reise auf und stürzte sich unter der Klippe mit triumphierenden Gebrüll hervor.
Zur Linken führte eine hölzerne Brücke in die Gauchachschlucht und unser guter Engel flüsterte uns zu, dass dieser neue Weg neue Attraktionen bringen könnte . Wir waren dabei den Fluss zu überqueren und verfolgten das Hoheitsgebiet der Gauchach bis zur Lochmühle, wo ein böser Geist in Form unseres wohlmeinenden Angler-Freundes , der in der Strommitte watete und hoffte so hungrige Forellen täuschen zu können, ein Loblied auf die Vorzüge der Wuachmühle anstimmte, eine viertel Stunde weiter auf dem Weg.
Wir protestierten, da wir müde waren und nicht die geringste Lust hatten den gleichen, etwas anstrengenden Weg wieder zurück zu gehen, aber unser begeisterter Freund, wie es diesem Volk eben eigen ist, blieb hartnäckig.
" Sie werden dort Abendessen und eine Fahrmöglichkeit bekommen" sagte er "Die Hinfahrt über Bonndorf ist entzückend". Wir waren schwach, und ab hier sind unsere Erfahrungen einfach nur dazu da zu erklären wie man es nicht machen sollte.
Wären wir unserem ersten Impuls gefolgt, hätte wir einen angenehmen Spaziergang durch ein reizvolles Tal gehabt, auf dem Weg an der Burgmühle vorbei gekommen, wären vom "Scheffels Jupiter" gefeiert zur Lochmühle und von da aus der Gauchach heraus und hätten durch Wald und Wiesen Döggingen erreicht . Bei Döggingen nimmt die Eisenbahn die Wanderer nach Reiselfingen mit, über die Schatttenmühle eine Stunde von Bad Boll entfernt.
All das entdeckten wir später, nach einer bitteren Erfahrung. Bei Wanderungen, wie bei allem, sind die Geschmäcker verschieden, und es muss zugegeben werden, dass die Fortsetzung des Wutachtals keinen besonderen Reiz bietet. Das Tal wird breiter und verliert seine Romantik und seine robuste Erhabenheit. Die Mühle ist eine Mühle wie hundert andere und die versprochene Fahrgelegenheit erwies sich als Illusion, oder , eher, Kutschen gab es genug, aber die Pferde fehlten, wie unser Wirt scharfsinnig bemerkte, was ein entscheidendes Hindernis, für den Plan nach Hause zu fahren, war .
Aber sie werden Kutschen in Ewattingen finden, sagte er hoffnungsfroh, eine viertel Stunde diesen Berg hoch und schon sind sie da !
Original von der australischen Schriftstellerin Ida Alexa Ross Wylie "Rambles in the Black Forest" geschrieben 1910 , von mir aus dem englischen übersetzt Die restlichen 2 Teile demnächst .
2010-Dez-04 18:46
Reise im Jahre 1910 (4) - Zum Einkaufen nach Bonndorf
TEIL4 Zum Einkaufen von Bad Boll nach Bonndorf
Der Pfad hatte sein Versprechen erfüllt, aber Ach !
Die Saison war noch jung, der Weg noch nicht betreten, das Gras war lang, und der Regen, wie so üblich, jüngeren Datums. Daher waren wir in einem durchnässten, etwas unbequemen Zustand, als wir uns auf die Straße zurückfanden, und an diesem Zwischenfall hängt die Moral: Nimm dir , Wanderer, so viele Paar wasserdichte Schuhe mit, wie deine Geldbörse bezahlen kann und dein Gepäck erlaubt !
Gut zurecht, wie die Schwarzwaldwege normalerweise sind, gibt es Gegenden wo man festes Schuhwerk braucht, vor allem in den weniger bereisten Gegenden, die wir gerade erkundeten und zusätzlich zu diesem, als unser Angebot an Gottes Wetterkapriolen, wage ich zu einem Mantel aus dem bekannten Material "Loden" zu raten.
Letzteres ist leicht, warm und wasserdicht, und trägt sehr zum allgemeinen Wohlbefinden bei, was wir nach drei bis vier Regengüssen feststellten, mit gleich vielen unangenehmen Erfahrungen mit gewöhnlichen Regenmänteln.
Jedenfalls sagte uns der Zustand unserer Schuhabteilung, dass normales Laufmaterial von geringem Nutzen für unsere Anforderungen war, und am gleichen Tag folgten wir dem Rat unserer freundlichen Gastgeberin und machten uns auf den Weg in Richtung Bonndorf, der einzig mögliche Einkaufsort in der Gegend.
Die Zeit war jedoch nicht verschwendet, weil der Pfad, der links von der normalen Straße hoch führt, ist angenehm beschattet von Tannen und Weißbuchen und erlaubt dem Wanderer da und dort einen Blick in hohe Schluchten, überwuchert mit Moos und wilden Sträuchern, welche sich scheinbar durch ihre bloße Willenskraft an den Felsen klammerten, wo sie ihre Wurzeln haben weiß niemand.
Zur rechten des Weges halb versteckt durch Bäume, entdeckten wir die Ruine Burg Boll. Nur ein paar Mauern blieben von dem was eins die Heimatverteidigung der Ritter der "Belle" war.
Das Geschlecht scheint im 14.Jahrhundert ausgestorben zu sein und fiel in die Hand ihrer Nachbarn vom Schloss Tannegg, aber wodurch die Burg zerstört wurde weiß keiner. Die beste Erklärung ist wahrscheinlich der Zusammenbruch des Felsens auf dem sie gebaut war.
-
- Ruine Boll von hinten
Ein paar Gehminuten brachten uns zum Dorf Boll, ein stilles kleines Nest, welches, wenn man das aus den Inschriften des Friedhofes beurteilen kann, seit Generationen in der Hand von drei oder vier Familien ist. Quer durch das Dorf und über die Kuppe eines Hügels führte der Weg und wieder sah es so aus als ob wir den Schwarzwald hinter uns gelassen hätten und einmal mehr in der Hegau-Region wären.Vor uns rollte eine schier endlose Fläche von Bodenwellen nach Süden, hier und da durchbrochen von einer Waldfläche.
Nur wenn wir uns umdrehten und die Straße, die wir gekommen waren, zurück blickten, glaubten wir im Wald zu sein.Unter uns erstreckte sich das Tal bis zum grauen Horizont, ein scheinbar schwarzer, ungebrochener Schatten, und doch kannten wir sie gut genug, die unzähligen Täler, Flüsse Berge und Schluchten, die sich in der scheinbaren Monotonie versteckten, und fühlten zum ersten Mal die Ehrfurcht, die der Schwarzwald einflößen kann.
Er schien uns in der Tat in diesem Moment sehr schwarz, die Behausung seltsamer Geister und wilder Tiere, ein Ort dunkler Wunder und Geheimnissen, und vermutlich wären wir noch dagestanden und hätte uns in eine durch und durch gruseligen Zustand geträumt, hätten die Stiefel uns nicht an unsere Pflicht erinnert. Zehn Minuten Lauf über die Kuppe brachte uns nach Bonndorf selbst.
Nach ein paar Erkundigungen entdeckten wir das Geschäft, das wir suchten, und mitten zwischen Kandiszucker, farbigen Tüchern, Würstchen und Käse gelang es das benötigte zu bekommen. Ich möchte das nur erwähnen, falls dieser Service in Betracht gezogen wird, die Stiefel waren und sind die besten, die ich je gekauft habe. Sie kosteten 9 Mark , sind unzerstörbar, bequem, wasserdicht und scheußlich .
Aber die letzte Eigenschaft kann leicht verziehen werden im Schwarzwald, wo modische Kleidung fast schon ein Verstoß gegen den guten Geschmack ist. Nachdem wir eine Tasse Kaffee im Gasthaus Post getrunken hatten verließen wir Bonndorf, ließen sein bäuerliches Wesen hinter uns und machten uns auf den Heimweg.
Original von der australischen Schriftstellerin Ida Alexa Ross Wylie "Rambles in the Black Forest" geschrieben 1910 , von mir aus dem englischen übersetzt Die restlichen 3 Teile demnächst .
2010-Dez-02 20:19
Reise im Jahre 1910 (3) - Lothenbachklamm
TEIL3 Wanderung von Bad Boll zur Lothenbachklamm
Die Aussicht auf eine Zwei-Stunden Wanderung vor dem Abendessen regte unsere Phantasie an. Wir nahmen Abschied von unserem enthusiastischen Engländer, der sich mit seiner Anglerausrüstung beschäftigte, wir gingen auf dem schmalen Weg, auf dem uns unser Motorwagen am Vortag hinunter gebracht hatte, für zehn Minuten ging der Weg nach oben durch eine grüne Lichtung von Kiefern und Tannen, dann , geleitet durch die freundlichen Wegweiser, welche nicht einmal in den einsamsten Gegenden des Schwarzwaldes den Reisenden den Dienst versagen, wandten wir uns nach links und einmal mehr öffnete sich der Blick hinaus über die Wutach, nun so etwa 100m unter uns .
Von da bog sich die Straße graziös nach unten zum Ufer und wenn sich der Leser über dieses Auf und Ab der Route wundert, braucht er nur den Charakter dieses Tales zu bedenken, so dass es für den unermüdlichen Schwarzwaldverein nur da und dort möglich war einen Weg an der Seite der widerspenstigen Wutach zu gewinnen.
Weil das Tal mehr oder weniger die Arbeit des Flusses ist, ein Spalte, ein Schnitt des Wassers durch das weiche Kalkgestein und dadurch stellenweise so schmal, so wild und rau, dass dort kaum mehr als eine Fußbreite Platz für den Reisenden ist, der in früheren Tagen so gut er konnte waten musste, oder sich auf der Straße über dem Tal zu halten hatte, und sich dabei mit einem gelegentlichen Blick in den Abgrund darunter begnügen musste.
Daher ist es nicht verwunderlich, dass er trotz seiner ungewöhnlichen Länge von 112 Kilometern, der längste Fluss im Schwarzwald, und seiner vielen ungewöhnlichen Eigenschaften, einer der am wenigsten bekannten und besuchten ist . Mit seiner Quelle auf den Höhen des Feldberges, und den Namen Rothwasser und Seebach, fließt er in den Titisee, den er von dort aus nordöstlich verlässt, neu getauft, das ist die verwirrende Eigenart von Schwarzwaldflüssen, auf den Namen Gutach.
Schlussendlich wählt er den Kurs Süd-Ost und wird zur "Wutach" und mit diesem Namen nimmt der Fluss und sein Tal einen wild romantischen Charakter an.
Trotz seiner extremen Unzugänglichkeit wurde er besiedelt, wie die Ruinen auf den felsigen Wänden bezeugen . Zwei Burgen Stallegg und Neublumberg begegnet man auf dem Weg von Boll nach Göschweiler, aber die Zeit und die Geschichte sind hart mit ihnen umgegangen, nur wenig zu sehen ist übrig und noch weniger zu berichten. Ich muss zugeben, dass Stallegg unentdecktes Gebiet für uns bleiben wird, es liegt mehr als einen bequemen Wandertag hinaus, auch wenn das nicht für unseren energischen Mentor galt, aber das Vergnügen reichte für einen Tag und deshalb führte uns unser erster Tag nicht weiter als bis zur Lothenbachklamm.
Unsere angenehme kurvige Straße brachte uns einmal mehr zum Flussufer, wir pausierten einen Moment und betrachteten die Schattenmühle, sogenannt weil sie den langen Winter ohne Sonne ist, dann drehten wir nach links und verließen sie über einen moosigen Pfad.
Ein fröhlicher, ungeduldiger kleiner Bach, eilig auf seinem Weg in die Wutach handelte unbewusst als unser Führer und ein paar Minuten später schloss sich eine friedliche Lichtung an, durch die wir unser Weg machten , unser Weg ging stetig an einer Felsenwand entlang, in deren Spalten ein wunderbares Wachstum von seltenen Farnen und Waldblumen ihre Wurzeln gefunden hatten.
Unter uns entpuppte sich unser harmloser Bach als reißender Sturzbach, der eine Folge von Wasserfällen bildete, mit wütenden Schaum gegen den polierten Fels prallte, und der über die Stämme gefallener Kiefern wirbelte , die den Weg versperrten.
-
- Lothenbachklamm
Von einer Seite dieser kleinen Schlucht zur anderen konnten bestimmt nicht mehr als ein paar Meter gemessen werden und die Gischt, die gegen unsere Gesichter sprühte , hing in den Farnen und tanzten wie winzige Diamanten durch den Sonnenschein, welchem es hier und da mal gelungen war seinen Weg mitten durch die überschattenden Kiefern zu finden.
Wir blieben einen Moment in freudiger Entzückung stehen und ich wagte zu bemerken, dass mich das an eine Szene der Wolfsschlucht in Webers Freischütz erinnerte, in der Tat, es erinnerte mich stark an eine Theaterdekoration. Worauf, wie ich es hätte erwarten können, meine deutsche Freundin verächtlich die Nase rümpfte. „Engländer haben einen so künstlichen Geschmack, dass sie nichts sehen können ohne an Kunst zu denken. Wenn du schon einen Vergleich machen musst, warum sagst du nicht die Theaterdekoration erinnert dich an das ? “
Aber unheilbar englisch setzte ich meine Gedanken fort, und , in der Tat, die Lothenbachklamm ist in jeder Kleinigkeit so perfekt, so ausgearbeitet in jedem Detail, dass es kaum möglich ist, das die unbekümmerte Natur und nicht eine Künstlerhand nach Effekten haschend die Felsen gehauen , die Farne gepflanzt, und die dunklen Bäume im Hintergrund so schlau angeordnet hat.
Sogar das Tierleben wurde im Plan der Dinge nicht vergessen . Ein herrlicher Schmetterling, scheinbar aus dem Nichts kommend, hat sich das leuchtende Rot einer wilden Erdbeere ausgesucht, um seine Flügel auszuruhen. Eine Eidechse mit vielen wechselnden Schattierungen huschte über den Weg und zögerte, wie ein steinernes Abbild, auf einem Felsvorsprung über dem Bach und man fragt sich, englisch eben, ob es nicht mit Absicht getan wurde, ob es nicht einen hinterlistigen Bühnenarbeiter gibt, der heimlich, zu unserem Hochgenuss, an den Fäden zieht.
Aber wie man sich vorstellen kann behielt ich diese frevelhaften Gedanken bei mir, und folgte meiner Kritikerin, die inzwischen den Anfang der Klamm erreicht hatte und einen Pfad in Augenschein nahm, der nach Osten neigte und versprach nach Boll zurück zu führen.
Original von Ida Alexa Ross Wylie "Rambles in the Black Forest" geschrieben vor 100 Jahren , von mir aus dem englischen übersetzt Die restlichen 4 Teile demnächst .
2010-Nov-28 16:37
Reise im Jahre 1910 (2) - Der erste Tag in Bad Boll
TEIL2 Der erste Tag in Bad Boll
Es gibt nichts angenehmeres, als bei einem echten alten Schwarzwaldhotel anzukommen. Es ist wahr, dass es da keinen großen Komfort und Luxus gibt, aber der Wirt und seine Frau kommen heraus , um sie mit freundlicher Wärme zu begrüßen und zeigen eine persönliches, jedoch immer respektvolles, Interesse an ihrem Wohlergehen, was dem modernen Reisenden gut tut, der sonst an die unpersönliche lässige Art von eleganten Hotelbesitzer gewöhnt ist.
Auf jeden Fall waren wir froh genug, um von unseren nahen Quartieren hinabzusteigen, um uns von unserem robusten kleinen Wagen und seinem liebenswerten Besitzer zu verabschieden.
Obwohl unsere Knochen ein wenig durchgeschüttelt wurden, konnten wir ehrlich sagen, dass wir ihm ein paar schöne Stunden und einen weiteren Blick auf das Land verdankten, als es aus dem Eisenbahnwagon möglich gewesen wäre und beides zu einem Preis , der uns etwas beschämte.
Mein Rat an alle Reisenden, die die Möglichkeit haben unserer Route zu folgen : Wenn sie in Singen sind, fragen sie nach Singen’s Motorwagen. Das kann kein Fehler sein , es gibt nur einen !
Eingelullt durch das weiche unaufhörliche Rauschen des Flusses, der dicht unter unserem Fenster floss, und vielleicht ein wenig berauscht von der guten Luft, welche über dem Hohen Randen uns während unserer halsbrecherischen Fahrt zu geweht wurde, verbrachten wir unsere erste Nacht in Boll in einem traumlosen Schlaf.
Ich muss sogar gestehen, dass Frau Sonne bereits mehr als einen vollen Strahl in das Tal gesendet hatte, bevor wir in den großen luftigen Speisesaal des einfachen Gasthauses hinabstiegen, wo wir zu unserer Schande feststellten, dass wir die letzten der Langschläfer waren.
Aber vielleicht hatten wir eine Entschuldigung, die Atmosphäre in Bad Boll wirkt wie ein Betäubungsmittel auf die erschöpften Nerven von Stadt-Kindern.
Sogar im Vergleich zur Ruhe des verträumten Singen ist der Frieden an diesem Ort zuerst fast betäubend. Das Dorf liegt 20 Minuten entfernt, es gibt keine große Straße und nicht ein Haus oder eine Hütte , um das Gefühl der absoluten Einsamkeit zu lindern, auf beiden Seiten gehen die Wände der Schlucht, es ist mehr Schlucht als Tal, fast 600 Fuß (180m) hoch , zum Teil Fels , zum Teil Tannen bedeckte Erhabenheit , vollständig die Welt aussperrend , und nur die unveränderliche Stimme der geheimnisvollen Wutach bricht die Stille. Und nach einiger Zeit scheint dieses Geräusch auch zu verschwinden, es wird Teil des Hörers selbst und die Stille wird absolut.
Als wir über uns sahen, hatten wir in der Tat das Gefühl, dass dies das Ende der Welt sei, aber kein trauriges düsteres Ende. Der blasse Schwarzwald-Sonnenschein ( der Sonnenschein im Schwarzwald ist anders als irgendwo sonst auf der Welt ) , wie er auf die Westwand fällt und langsam den Fluss hinunter krabbelt , weckt so warme und lebendige Farben, dass wir uns anstatt am Ende der Welt vielmehr wie in einem unerforschten Märchenwald fühlten und, da wir dies entdeckt hatten, meinten, das Recht zu haben, es für uns in Anspruch zu nehmen. Ich glaube es ist das Gefühl der meisten Boll Besucher.
Der Ort ist so wenig bekannt und wird so wenig beworben, dass seine Klientel hauptsächlich aus Wanderern besteht , die in den letzten Jahren eher zufällig vorbei gekommen waren und die bezaubert durch seine Schönheit und Frieden wieder gekommen sind und ihre Freunde mitbrachten , und so stetig zu seinem wachsenden Wohlstand beitrugen.
Wir erkannten diese Besonderheit an unserem ersten Morgen, weil, als wir auf den Stufen unseres Hotels standen, unschlüssig in welche Richtung unsere erste Wanderung gehen sollte, wir in englisch von einem Herren mittleren Alters angesprochen wurden, der uns, mit teils freundlicher teils misstrauischem Interesse, schon eine Weile beobachtet hatte.
Nachdem er uns als fremd an diesem Ort entlarvt hatte, teilte er uns mit überlegener Erhabenheit mit, nach dem er uns informierte die letzten 20 Jahre regelmäßig Gast in Boll gewesen zu sein, dass es der schönste Ort im Schwarzwald sei, und dass er jede Ecke kennen würde.
Wir wagten daraufhin uns zu erkundigen wie es dazu kommt, dass trotz der ruhigen Lage und der geringen Modernität, Boll beim englischen Volk beliebt zu sein schien, ihn selbst inbegriffen. Er lächelte und deutete zum Fluss. "Das ist der Grund" sagte er "Einst gehörte Boll einem englischen Anglerverein, welcher immer noch an diesem Ort interessiert ist, obwohl das Fischen nicht mehr das ist, was es mal war. Er schüttelte mit Bedauern seinen Kopf. "Dennoch ist die Forelle immer noch ausgezeichnet, sie werden das selbst herausfinden. Menschen die hierher kommen, kommen immer wieder, wenn sie von der richtigen Art sind jedenfalls"
Ich stellte mir vor mit der richtigen Art meinte er echte Wanderer, die Schönheit und eine interessante Umgebung einem luxuriösen und mondänen Hotelleben vorziehen. Jedenfalls als wir sagten, dass wir auf eine Eingebung warten würden, bevor wir eine Erkundungstour festlegen wollten, wurde sein Verhalten sanfter und er wies uns auf die Lothenbachklamm hin, etwa eine Stunde zu Fuß von Boll. "Es ist der schönste Wasserfall im Schwarzwald" bekräftigte er stolz.
So eine schöne Beschreibung über Bad Boll und die Wutachschlucht habe ich noch nie vorher gelesen, deshalb musste ich sie auch unbedingt ins Deutsche übersetzen - zudem wenn man bedenkt, dass diese Reise nach Bad Boll schon vor 100 Jahren stattgefunden hat. Toll was die damals 25 Jahre alte Schriftstellerin I. A. R. Wylie aus Australien da schreibt . Die restlichen auch sehr schönen 5 Teile demnächst hier.
2010-Nov-25 19:37
Reise im Jahre 1910 (1) - Fahrt nach Bad Boll
Teil1 : Fahrt von Singen über Bonndorf nach Bad Boll
Am nächsten Morgen sollten wir mit dem Automobil in Boll ankommen.
Dieser Vorschlag unseres hilfsbereiten Gastgebers beunruhigte uns etwas.
Wir waren einfache Wanderer, mit einfachem Geschmack und bei der Vorstellung von Mercedes Automobilen mit hochmütigen Chauffeuren, schwebten mächtigen Kosten vor unserem geistigen Auge.
Wir wagten es zu fragen, aber als wir hörten, dass die Kosten für die 4 Stundenfahrt, mit allem inklusive, nur bescheidenen 30 Mark kosten sollte, wurden unsere Ängste eher noch größer .
Wir glaubten etwas missverstanden zu haben oder dass an dem Geschäft etwas faul sein müsste und warteten gespannt.
Und bald darauf, als wir auf der Hoteltreppe stehend auf den Mercedes warteten, unterbrach ein großer Tumult die friedliche Morgenstille, ein schriller Ton eines Signalhorns, dann der Ruf einer Trompete, als ob die Ankunft des rettenden Lohengrins angekündigt würde, dann ein furchtbares Rattern und Ketten-Rasseln und unser Mercedes schnaubte um die Ecke.
Wir verstanden und es muss zugeben werden, dass sich das Wesen unserer Ängste änderte.
Sollten wir unser Ziel jemals lebend erreichen? Aber es war zu spät für Bedenken.
Der Mercedes stand da und wartete auf uns und auf die ganze Welt, wie eine lebende Pillen-Box, rot im Gesicht und an jeder Schraube ungeduldig rüttelnd, der Besitzer und Chauffeur, ein sehr eleganter Mann und der tollste Chauffeur, den ich je gesehen habe, unternehmerisch überwachte er etwas hochmütig die schwere Aufgabe unsere schmale Kiste auf den winzigen Sitz neben sich zu verstauen und eine Herde von feierlichen Bengel hatte sich versammelt , um die Abfahrt des Motorwagens zu sehen.
Es war nichts zu machen. Unser Schicksal war besiegelt und wir konnten nicht umhin uns der Vorsehung anzuvertrauen. Unser Vorwärtskommen durch Singen war triumphal. Da keine Hügel zu bewältigen waren, schnurrte unser kleines Auto mit großer Geschwindigkeit dahin, womöglich mit 22 Kilometer pro Stunde und das laute Tuten unseres Horns, welches 10 Töne im Register hatte, erreichte fast Wagner-Motive und brachte die halbe Stadt zum Staunen und Bewundern.
Dann als wir Singen hinter uns gelassen hatten, und das bewundernde Publikum verschwunden war, sank unsere Geschwindigkeit ziemlich. Das Horn hört auf zu Beunruhigen und das Auto nahm für seine Aufgabe seine ganzen 8 Pferdestärken zusammen.
Das Land vor uns stieg stetig an, so dass wir die ganze Zeit im zweiten Gang fuhren, außer wenn wir friedliche Dörfer passierten, welche hier und da die Monotonie unserer Straße durchbrachen.
Nur die Fröhlichkeit und das Vertrauen unseres Chauffeurs bewahrte uns vor der Verzweiflung, und es muss zugegeben werden, er wusste genau jedes Atom seines Besitzes zu nutzen .
Er verstand es, ihn den steilsten Anstieg hinauf zu locken , und als wir zuletzt den höchsten Punkt unseres Aufstiegs erreicht hatten, drehte er sich um und lächelte uns mit unverhohlenem Triumph an "Geht gut, nicht wahr? "
"Ach, aber nächstes Jahr werde ich eines mit 20 Pferdestärken haben und dann werden sie sehen !
Wir zeigten soviel Bewunderung, dass seine anfängliche Zurückhaltung schmolz und er sich herab ließ und uns die Schönheit unserer Umgebung zeigte .Wir hatten das nördliche Ende des Hohen Randen erklommen.
Hinter uns lag der Hegau mit seinen abgerundeten dünn bewaldeten Hügeln; zur Linken der Hohe Kanden ; Zur Rechten, in weiter Ferne, ein dunkler Umriss von Wald, und unter uns das Tal der Wutach.
Von dort, wo unser Auto zitternd und keuchend wie ein müdes Pferd stand, sah die Straße aus wie ein gewundenes Band, und das Tal eine enge felsige Spalte, überschattet von groben Baumwuchs.
Da lag in der Tat, etwas gefährliches in unserem Abstieg, schnell und kurvig wie er war, aber die Bremsen hielten gut, und wir spürten, als wir in den Schatten, unter die große Brücke der Schwarzwald-Eisenbahn fegten, das wir nun wirklich in unser gelobtes Land kamen.
Von da an lag unsere Straße in einem wild romantischen Tal, dessen Bekanntschaft wir nochmal wiederholen wollten ; vorbei an den Dörfern Blumegg und Weizen arbeitete unser Motor die ganze Zeit mit ungewohnter Leichtigkeit und Energie. Aber die Stunde seiner Bewährung sollte noch kommen ; wieder einmal kam ein großer Anstieg des Geländes, die bewaldeten Schluchten lagen hinter uns und wir näherte uns langsam aber stetig dem Dorf Bonndorf.
Vielleicht Dank seiner besonderen Lage hat das Dorf einen vergleichsweise alten Ursprung ; einst der Sitz eines längst ausgestorbenen Adels, ging es in den Besitz von St.Blasien über und hat wenig Geschichte von Interesse aufzuweisen. Eine Glocke in Bonndorfs Stadtwappen erinnert an die Legende von einem gewissen Fräulein von Tannegg, sie verirrte sich in einer stürmischen Winternacht und wurde nur durch das Läuten der Gebetsglocke des Paulinerklosters gerettet.
Aber weil Kloster, Stadt und Glocke allesamt durch Feuer zerstört wurden, welche Bonndorf unglücklicherweise anheim fiel, gibt es keine Beweis mehr für die Legende. Das Dorf bietet dem Reisenden heute wenig interessantes und wir passierten es auf dem Weg zu unserem endgültigen Ziel. Mit Bonndorf schienen wir die letzte Spuren der unbewaldeten Flächen des Hegaus zu verlassen und wir betraten eine neue Welt.
Eine schmale Straße, direkt in das Herz des Waldes geschnitten, führte mit einer bedrohlichen Steilheit abwärts, welche sogar unseren Chauffeur zum bedenklichen Kopfschütteln brachte .
Er zweifelte umso mehr , da der Bezirk neu für ihn war, und er konnte kaum glauben, dass in all dieser Einsamkeit eine menschliche Behausung zu finden sein sollte.
In der Ferne hörten wir das dumpfe Dröhnen eines angeschwollenen Flusses, und dann mit einer Plötzlichkeit an die man sich im Schwarzwald allmählich gewöhnt, endete die Straße . Eine angenehm aussehendes, weiß gewaschenes Haus, über dessen einladendes Gesicht in großen Buchstaben “BAD BOLL” geschrieben stand, sagte uns, dass unsere Tagesreise zu Ende war.
Ein wunderschöner Bericht über eine Reise nach Bad Boll im Jahre 1910 von der damals 25 Jahre alten Schriftstellerin I. A. R. Wylie - von mir aus dem englischen übersetzt , mehr zum Fund nach dem letzten Teil . Die restlichen 6 Teile demnächst hier.
2010-Nov-24 07:12